Die Lexplosiv ist ab jetzt Geschichte!

Von August 2002 bis Juli 2015 schrieben wir 13 Jahre Münsters Lesbengeschichte. Und wir sind stolz darauf! Dies ist nun unsere letzte Ausgabe, jetzt verabschieden wir uns von euch. Warum das und wie alles begonnen hat:

Wie alles begann

Wir – das Gründungsteam Ute, Nika, Eksa, Gina und Christa – saßen am 22. März 2002 zusammen im Restaurant Loge und wechselten später zur Husch-Party der AIDS-Hilfe. Dabei sprachen wir darüber, dass eine gute Zeitung für Lesben in Münster und Umland fehlt. Es gab damals noch die WLN „Westfälisch Lesbische Nachrichten“, die nach einem Rechtsstreit mit der WN in „Wild Lesbisch Neu“ umbenannt wurde. Die WLN lag in den letzten Zügen und kam nur noch sehr sporadisch heraus. Wir wollten etwas Neues schaffen. Es sollte die Lesben in Münster ansprechen und vor allem in regelmäßigen Abständen herauskommen. Wir wollten Münsters Lesben vor Augen führen, was in Münster von und für Lesben angeboten wird. Ganz wichtig war uns auch eine Terminübersicht. Keine sollte sagen können, sie habe von einer Veranstaltung nicht gewusst. Die Zeitung sollte alle drei Monate erscheinen, um eine Aktualität bei Terminen in einem Mindestmaß zu gewährleisten. Noch am selben Abend wurde der Name gefunden und ein weiteres Treffen geplant. Es war uns von Anfang an klar, dass unser Projekt mit einem Team von fünf Frauen nicht zu bewerkstelligen ist. Wir brauchten also Mitstreiterinnen. Schnell kam die Idee auf, Frauke und Vivien zu fragen, ob sie nicht Lust hätten, beim Projekt Lesbenzeitung mitzumachen. Esther war auch von Anfang an als freie Mitarbeiterin dabei und stieß 2008 als festes Mitglied im Redaktionsteam dazu. So wurde das Lexplosiv-Team aus der Taufe gehoben.

Das Konzept

Wir wollten damals ehrenamtlich eine politisch unabhängige, aktuelle und kostenlose Zeitung herausgeben. Wegen des ausführlichen Terminkalenders verschickte LIVAS unsere Zeitung mit dem Rundbrief an die Vereinsfrauen. Obwohl einige Redakteurinnen auch im ehemaligen LIVAS-Vorstand engagiert waren, sind wir ausdrücklich unabhängig und nicht gebunden. Es sollte ein verantwortliches Redaktionsteam aus höchstens sieben Resortleiterinnen geben sowie viele freie Mitarbeiterinnen. Beiträge der freien Mitarbeiterinnen waren „themenabhängig“ der jeweiligen Ressortleiterin unterstellt, die den Artikel gegebenenfalls kürzte und korrigierte. Zielpublikum sollten Lesben jeden Alters und sozialer Verhältnisse in Münster sein. Im Impressum erscheinen wir zunächst nur mit Vornamen, später fast alle mit vollem Namen, weil wir zu unserem Lesbischsein stehen wollten und kein Problem damit haben, geoutet zu sein. Ganz im Gegenteil, wir waren und sind stolz darauf. Unsere Zeitung erschien alle drei Monate in einer Auflage von 750 Stück und wurde an ca. 15 zentralen Auslagestellen in Münster verteilt. Hauptabnehmer blieben das Garbo/Cinema und das Prütt-Café. Dort musste immer wieder nachgelegt werden.

Das Team und die Aufgaben

Ute übernahm das Management. Sie führte das Konto, organisierte die Anzeigen und Abos, schrieb Artikel und Rezensionen, machte Interviews und Umfragen sowie die Schlusskorrektur. Lange Zeit verteilte sie die Lexplosiv an die ca. 15 Auslegestellen, schreibt das Editorial und führte unsere Artikelübersicht.
Nika arbeitet als freiberufliche Grafikdesignerin, sie gestaltete das Aussehen der Lexplosiv und layoutete alle unsere 52 Münster Ausgaben und die 24 Neckar Ausgaben. Sie erstellte auch die Druckdaten und übernahm die Druckbetreuung. Ab und zu schrieb sie Artikel und Reiseberichte. Zudem gestaltet sie unseren Internetauftritt und rief die Regionalausgabe Neckar ins Leben.
Eksa war die Darstellung von Terminen wichtig, sie stellte die Terminübersichten zusammen und später auch die Kleinanzeigen.
Christa übernahm den Bereich Kultur und schrieb den einen oder anderen Artikel dazu.
Frauke ist seit Jahren politisch engagiert und es lag es nahe, dass sie sich um die Politik kümmerte. Ab und an schrieb sie auch mal eine Buchrezension oder einen Bericht über eine Veranstaltung und übernahm zusammen mit Ute die End-Korrektur.
Vivien interessiert sich für Reisen und Kunst, deshalb war für sie das Ressort „Gemischtes“ genau richtig. Ebenfalls berichtete sie über besuchte Konzerte, machte Interviews, schrieb Buchrezensionen und forderte Neuerscheinungen bei den Buchverlagen an. Später übernahm sie ganz das Ressort „Kultur“.
Gina fühlte sich für die Kleinanzeigen zuständig und sorgte mit Witz und klugen Kommentaren für Spaß bei den Teamsitzungen.
Esther übernahm später den Bereich „Gemischtes“ und schrieb über Kinderbücher, das LFT und die Queerstreifen, führte Interviews, verteilte einen Teil der Lexplosiv und führte ab Ausgabe 34 die Artikelliste.
Adriane wollte kein spezielles Ressort übernehmen, sie schrieb bereichsübergreifende Beiträge und Glossen.

Layout und Druck

Das Titelblatt zeigte – bis auf die Ausgaben 2, 10 und 52 – immer zwei Frauen als Wiedererkennungsmerkmal. Von Beginn an erschien unsere Zeitung aus Kostengründen in schwarz-weiß. Zum 5-jährigen Jubiläum brachten wir ein farbiges Cover in Nr. 20 und ab Nr. 46 konnten wir uns durch die allgemein gesunkenen Druckkosten, für alle weiteren Ausgaben ein farbiges Deckblatt leisten.

Anzeigen

Unsere Anzeigenpreise waren immer nur auf die Herstellungskosten der Lexplosiv kalkuliert. Bis heute sind uns ab der ersten Ausgabe als Anzeigenkundinnen treu geblieben: Cibaria, LiVas, Hiltrud Allhoff und die Frauenstadtrundgänge. Danke!
Danke aber auch an alle, die kurz- oder längerfristig bei uns inserierten und damit den Druck, die Portokosten und die ein oder andere Druckerpatrone finanzierten.

Die weitere Geschichte

In den ersten Jahren bekamen wir noch Zuschüsse von der LAG Lesben in NRW. Danach finanzierten wir den Druck ausschließlich aus den Anzeigeneinnahmen. Die Nummer 10 brachten wir als Sonderausgabe zum Thema „Diversity – Normalität und Vielfalt“ heraus. Christa und Gina gingen 2007 aus beruflichen Gründen. Im Februar 2008 zog Nika nach Tübingen, machte aber weiterhin das Layout. Dort rief sie wenige Monate später insgesamt 24 „Neckar“-Regionalausgaben für den Raum Tübingen, Stuttgart, Ludwigsburg ins Leben. Die Kalenderübersicht der Neckar-Ausgabe war sehr umfassend. Für den gemeinsamen inhaltlichen Druckteil wanderte deshalb die Kalenderübersicht in die Mitte des Heftes. 2012 feierten wir mit der Münster Ausgabe Nr. 40 gemeinsam mit unseren Anzeigenkundinnen unsere 10-Jahre-Jubiläumsfeier im Garbo/Cinema. Am 1.5.2008 zog Frauke nach Hannover, blieb aber vorerst dabei. Ende 2012 zog Adriane nach Stuttgart. Das Team dünnte immer mehr aus, so dass wir ab August 2013 erste Aufrufe für eine Verstärkung unseres Redaktionsteams starten. Im Oktober 2014 stellte Nika die Neckar-Ausgabe ein. Weil sie als Layouterin zurücktreten wollte, suchten wir Ersatz. Das Angebot einer professionellen Layouterin gegen ein – wenn auch reduziertes – Honorar mussten wir leider ablehnen. Ehrenamtlich hatten sich neben Jupp auch Claudia K. aus Nürtingen als Layouter/in bereit erklärt. Danke diesen Beiden hierfür. Für die redaktionelle Mitarbeit melden sich leider nur insgesamt vier Frauen, von denen uns letztendlich nur zwei tatkräftig und langfristig unterstützen könnten und wollten. Danke an dieser Stelle an Anneli und Maria.

Resümee

In den 13 Jahren unserer Zeitungs-Geschichte haben wir einen echten Mehrwert für die lesbische Kultur in Münster und auch den Raum Neckar beigetragen. Ob wir von vergangenen Veranstaltungen berichteten oder kommende Termine ankündigten, ob wir über Reisen erzählten oder Bücher besprachen, ob wir auf politische Aktionen hinwiesen oder die Lesbenszene kommentierten – all das werdet ihr hoffentlich wahnsinnig vermissen.
Es hat uns allen Spaß gemacht, diese Zeitung zu gestalten und mit Inhalten zu füllen. Etwas „für die Bewegung“ und damit auch für Münster zu machen. Unabhängig zu sein, kreativ und lustvoll. Wir waren ein tolles Team, wir hatten lustige Redaktionssitzungen, haben uns auch gestritten und konstruktiv auseinander gesetzt. Aber was bleibt, sind die schönen Erinnerungen an ein gemeinsames Projekt, das durch die Tatkraft und die Motivation von uns allen entstanden und lange Zeit lebendig geblieben ist.
Für die Zukunft wünschen wir uns, dass es eine Zeitung wie die Lexplosiv nicht mehr geben muss, weil Lesben in unserer Gesellschaft akzeptiert sind und lesbische Themen und Veranstaltungen ausreichend in jeder Zeitung oder Zeitschrift vorkommen. Leider ist es noch nicht soweit!
Natürlich ist das Internet heute das Medium der Zukunft: Aktuell und mobil überall zugänglich. Trotzdem gibt es immer noch Frauen, die diese moderne Technik nicht so ausgiebig nutzen und eine Papier-Zeitung bevorzugen, ebenso wie manche einen eBook-Reader ablehnen. Zudem ist es ja auch praktischer, Infos zur eigenen Stadt und dem Geschehen kompakt in einem Medium vorzufinden, als sich alles im Netz einzeln zusammensuchen zu müssen.
Letztendlich endet die Geschichte der Lexplosiv tatsächlich nicht aus finanziellen Gründen. Wie wichtig die Redaktionssitzungen mit dem gesamten Team und einem gemeinsamen Treffen vor Ort waren, wurde erst nach und nach deutlich. Jede für sich allein war mit Ihren Ideen, Kommentaren und Beiträgen ein wichtiger Bestandteil der Redaktionsgruppe vor Ort. Erst nach den diversen Wegzügen wurde immer deutlicher, dass Beiträge aus der Ferne das gemeinsame Brainstorming für die nächste Ausgabe nicht ersetzten konnten. Und es endet auch, weil unsere Motivation durch die lange Zeit und das schwindende Team weniger wurde.
Wir baten unsere Leserinnen auch immer wieder um Feedback, um konstruktive Kritik wie auch Lob. Sicher klopften uns einige im persönlichen Gespräch mental auf die Schulter und erwähnten unsere Leistung anerkennend. Aber das reichte einfach nicht. Wir bekamen wenig Leserinnenbriefe, Kleinanzeigen oder aktiv gemeldete Veranstaltungshinweise. So mussten wir uns annehmen, wenn niemand meckert, dann gefällt wohl, was wir schreiben. So konnten wir uns nicht verbessern oder den verborgenen Wünschen unserer Leserinnen entsprechen. Scheinbar war es selbstverständlich, dass es uns gibt. Das ist aber nicht so.
Unsere Konsequenz ist es nun, mit dieser Ausgabe das Erscheinen der Lexplosiv einzustellen. Wir verabschieden uns von Euch und sagen Tschüss. Vielleicht entsteht ja eine Lücke und dann etwas Neues. Das wünschen wir uns und euch.

Das Lexplosiv-Team